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Auch Mietpreispolitik kann sozialverträglich sein

Gerade in Zeiten des demographischen Wandels sollte man ja eigentlich glauben, dass die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in den Städten und Gemeinden der Republik zurückgegangen ist. Aber weit gefehlt: Gerade vor dem Hintergrund eines zunehmenden Auseinanderdriftens von Arm und Reich ist die überwunden geglaubte Wohnungsfrage längst wieder in Deutschlands Städte zurückgekehrt. Zwar reagiert die Politik mittlerer Weile auf den zunehmenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum, aber die Frage die sich stellt lautet: Was bringen Mietpreisbremse und 500 Millionen Fördermittel?

Zunächst klingt eine Deckelung der Neuvermietungsmieten knapp über dem Mietspiegel vernünftig, allerdings nutzt diese bei genauer Betrachtung vor allem der Mittelschicht. Das Heer der Geringverdiener braucht allerdings Mieten unter dem Mietspiegel-Niveau und schaut dem entsprechend auch weiter in die Röhre! Auch 500 Millionen Euro für die Wohnungsbauförderung schafft – selbst bei einer Kofinanzierung durch Städte und Gemeinden in gleicher Höhe – pro Jahr lediglich 20.000 neue Wohnungen pro Jahr. Bei einem geschätzten Sozialwohnungs-Bedarf von 4,2 Millionen bräuchte es ca. 200 Jahre um diesen zu decken.

Ursachenforschung

Wer die soziale Wohnungsversorgung verbessern will muss sich mit den Ursachen für den Ist-Zustand auseinander setzen. Dadurch, dass Wohnungen in erster Linie Renditeobjekte und zinstragendes Kapital sind geraten die Interessen der Mieter unter die Räder und der soziale Versorgungseffekt bleibt auf der Strecke. Aus dieser sozialen Blindheit des Marktes resultiert im Umkehrschluss, dass sich eine sozialverträgliche Wohnungsversorgung nur als öffentliche Aufgabe gewährleisten lässt. Ein sozialer Wohnungsbau darf nicht weiter als Selbstbedienungsladen für Spekulanten, Bauherren und Banken herhalten um deren privaten Gewinne zu steigern.

Positive Beispiele in Skandinavien und Österreich

Dass eine öffentliche Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum auch anders organisiert werden kann sieht man bei unseren Nachbarn in Skandinavien oder in Österreich. In Schweden gibt es in den meisten Städten kaum mehr private Mietwohnungen und die Mietpreise werden von den Kommunen in Abstimmung mit den Mieterverbänden reguliert. In Dänemark haben Sozialmieter ein starkes Mitspracherecht. Die Mieten orientieren sich an den durch eine öffentliche Förderung gering gehaltenen Erstellungskosten und fließen langfristig in einen Wohnbaufond um so neue Förderprojekte zu finanzieren. Im österreichischen Salzburg macht ein staatlicher Wohnbaufond Mieten von 4,85 €/ Quadratmeter möglich. Dieser Fond kann auf Grund seiner gemeinnützigen Ausrichtung zinsgünstige Kredite der Bundesbank in Anspruch nehmen.

Münster versucht der Lage Herr zu werden

Doch auch in Deutschland findet hier und da ein Umdenken statt. Im rasant wachsenden Münster versucht die Stadt nun Investoren zu verpflichten beim Wohnungsbau soziale Kriterien einzuhalten um so die explodierenden Miet- und Bodenpreise in den Griff zu bekommen, da diese die Stadt mittlerer Weile aus dem Gleichgewicht zu bringen drohen. Das Programmpaket, das der Rat der Stadt am 2. April auf den Weg bringen will nennt sich: „Sozialgerechte Bodennutzung“. Ziel ist es mehr preisgünstiges Bauland bereit zu stellen, mehr Sozialwohnungen zu schaffen und die zunehmende Bodenspekulation zu unterbinden. Wenn in der Zukunft neues Bauland den Besitzer wechselt möchte die Stadt immer mit im Boot sitzen. Mindestens fünfzig Prozent der Fläche muss ein Eigentümer im Falle einer Veräußerung dann an die Stadt abgeben damit diese  die Möglichkeit hat Einfluss auf die Grundstückspreise zu nehmen. Bisher zog die Kommune beim Landkauf immer den Kürzeren gegenüber der finanzstarken privaten Konkurrenz. Diese soll nun einfach kein Planungsrecht mehr von der Stadt erhalten, wenn sie die städtischen Auflagen nicht erfüllt. Zu diesen gehört, dass sich Investoren auch an den Kosten für die Infrastruktur im Baugebiet beteiligen, also für Strom und Straßen, als auch für Schulen und Kitas. So sollen Planungen angestoßen werden, die nicht nur für den Investor, sondern auch für die Allgemeinheit einen Mehrwert erzeugen. Zugleich will die Stadt aber auch von der eigenen Maxime abweichen, eigene Grundstücke ausschließlich zum Höchstpreis zu veräußern. Auch für stadteigene Bauprojekte sollen in Zukunft schärfere Auflagen gelten: Sechzig Prozent der Wohnungen der Wohn- und Stadtbau müssen in der Zukunft öffentlich gefördert sein und Bauplätze für Einfamilienhäuser dürfen nur noch nach sozialen Kriterien vergeben werden.

Kategorien: Gesellschaft
Michael Schmitz:
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