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EHEC und kein Ende – Gurken und Sprossen unschuldig wie Kachelmann

Wer den Erfolgstietel “Fleisch ist mein Gemüse” zu seinem Credo erhoben hat wägt sich (mal von Bluthochdruck, ruinierten Cholesterinwerten und Hormon- bzw. Gammelfleisch abgesehen) im Moment auf der sicheren Seite und hat für die Kollegen am Salatbuffet nur ein mitleidig-arrogantes Lächeln über. Der Rest fühlt sich nur noch verunsichert und falsch bis gar nicht informiert. Fakt ist, dass der Erreger neu und äußerst aggressiv ist, zur Zeit aber noch niemand weiß wo er herkommt. Am Wochenende fiel der Verdacht auf auf die Sprossen eines niedersächsischen Produzenten, doch nach vier Tagen Panikmache wurde die Unschuld der Sprossen zweifelsfrei nachgewiesen. Auch Gurken aus Spanien sind mittlererweile aus dem Rennen. Wer ist also der Schuldige oder wo kommt der Erreger her?

Verluste in Millionenhöhe

Fragen auf die es im Moment keine Antwort gibt, aber die Verunsicherung bei den Verbrauchern hält an. Der kluge Rat der Fachleute lautet nach wie vor: Salat, Tomaten und Gurken meiden (was ist denn jetzt mit den Sprossen?) und immer ordentlich Hände waschen! Seifenproduzenten wird es freuen. Ein wenig erinnert das an amerikanische Werbespots aus den 50er Jahren wie man sich im Falle eines atomaren Angriffs zu verhalten hat: Duck and cover (auf den Boden werfen und die Aktentasche über den Kopf halten). Das vormals als gesund eingestufte Grünzeug geriet dieser Tage nicht auf Grund von Fakten in Verruf, sondern anhand von Erhebungen in denen die Essgewohnheiten der Betroffenen analysiert wurden. Der größte gemeinsame Nenner definiert den Schuldigen. Aber, wie gesagt, bewiesen ist noch nix.
Fest steht nur, dass Gemüseanbauer und -händler im Moment mit großen Umsatzeinbußen zu Kämpfen haben. In Spanien erwägte man schon eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe (und witterte warscheinlich ein Revanchefoul Deutschlands für das verlorene WM-Halbfinale). Der Verlust für die spanische Agrawirtschaft wird offiziell auf 200 Millionen Euro wöchentlich beziffert. Auch deutsche Erzeuger klagen zum jetzigen Zeitpunkt über 50 Millionen Euro Umsatzeinbußen (ähnliche Zahlen werden aus den Niederlanden und Dänemark gemeldet) und ein Ende der Misere ist nicht in Sicht. Der Gemüseberg wächst weiter.

Schnelltest, aber Quelle weiter unbekannt

Bis anfang Mai war der HUSEC041-Erreger weltweit erst zwei mal aufgetreten, einmal in Köln und einmal in Korea. Mttlererweile ist die Zahl der Toten in Deutschland auf über zwanzig angestiegen, was im Vergleich zu einer normalen Grippesaison aber immer noch wenig ist. Prof. Dr. Helge Karch von der Uni Münster ist es in der letzten Woche gelungen die Keime auf molekularbiologischer Basis zu untersuchen und einen Schnelltest zur Identifizierung des Erregers zu entwickeln. Grundlage für den Test ist, dass der Keim laut Karch “eine Rarität darstellt”, da er eine Kombination aus vier verschiedenen Genen aufweist und der Stamm so zweifelsfrei nachzuweisen ist.
Alles andere bleibt erst einmal nebulös. Gemüsehändler bleiben weiter auf ihrer Ware sitzen und Kosten und Verluste der Erzeuger steigen weiter, genau wie die Verunsicherung bei den Verbrauchern. Das Einzige beruhigende ist da, dass ein terroristischer Hintergrund für das Aufkommen des Erregers von offizieller Seite zur Zeit ausgeschlossen wird. Ob die Quelle jedoch jemals identifiziert werden kann steht, nach Expertenmeinung, noch in den Sternen. So wird also weiter geforscht und gerätselt und die jeweiligen Minister und Offiziellen ringen um Erklärungen. Vieleicht wäre ja jetzt einmal der Zeitpunkt gekommen sich generell Gedanken über die Lebensmittelproduktion in Europa zu machen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir Ärger mit den Dingen die wir verzehren haben.

Kategorien: Gesellschaft
Michael Schmitz:
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